VSLU-Info
Schnell zu öffnende Schutzeinrichtungen
In diesem Info wird auf die wesentlichen Punkte hingewiesen, welche im Zusammenhang mit dem Einsatz von schnell zu öffnenden Schutzeinrichtungen von Bedeutung sind.
Begriffsbestimmung und Anwendung
Unter einer schnell zu öffnenden Schutzeinrichtung ist ein Fahrzeugrückhaltesystem zu verstehen, welches in der Regel im Mittelstreifen von Hochleistungsstrassen in den Vorbereichen von Tunneln oder häufig genutzten Überfahrten des Mittelstreifens vorgesehen wird, um das Befahren der Mittelstreifenüberfahrt für den Verkehr zu ermöglichen, ohne dass hierfür umfangreiche und langwierige Demontagearbeiten erforderlich sind. Die Anforderungen hinsichtlich der Zeitspanne, in der schnell zu öffnende Systeme vollständig geöffnet werden können, ergibt sich aus den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten.
In der Praxis werden die Systeme unter anderem mit den Kurzbezeichnungen MÜLS (Mittelstreifenüberleitungssystem), MÜF (Mittelstreifenüberfahrt) oder einfach als schnell demontierbares respektive schnell zu öffnendes System bezeichnet. Hierzu ist anzumerken, dass gemäss Norm SNV 640 567-4 es sich um Schutzeinrichtungsabschnitte handelt, die schnell ausbaubar sind, wobei unter dem Begriff ausbaubar auch durchaus das vollautomatisierte Öffnen und Verschwenken zu verstehen ist.
Anforderungen nach Norm
Schnell zu öffnende Schutzeinrichtungen sind in der Regel integraler Bestandteil der im Mittelstreifen vorhandenen Schutzeinrichtungen und somit ebenfalls für den dauerhaften Einsatz vorgesehen, womit die Normen SN 640 560 und SN 640 561 zu beachten sind. Konkret bedeutet dies, dass schnell zu öffnende Schutzeinrichtungen nach Norm SN 640 567-2 zum Nachweis der Aufhaltestufe H1 oder höher geprüft sein müssen. In der Regel sollte der Wirkungsbereich nicht grösser als 2,1 m (Klasse W6) sein, wobei bei ausreichender Breite des Mittelstreifens auch Systeme mit einem grösseren Wirkungsbereich (bis max. 3,5 m) eingesetzt werden können.
Des weiteren ist darauf zu achten, dass nur solche Systeme zur Anwendung kommen, die der Anprallheftigkeitsstufe A oder B gemäss Norm SN 640 567-2 entsprechen.
Weitere wesentliche Anforderungen und zu beachtende Punkte
Schnell zu öffnende (demontierbare) Schutzeinrichtungen sind nur dort vorzusehen, wenn dies aus betrieblichen Gründen zwingend erforderlich ist.
Die Systeme sind mit einer ausreichenden Prüflänge zu prüfen, die in etwa den Einbaulängen entspricht, da ansonsten im Anwendungsfall die einwandfreie Funktionsweise eines Systems als passive Schutzeinrichtung unter Umständen nicht mehr gewährleistet ist.
Wenn schnell zu öffnende Mittelstreifenüberfahrten mehr als zweimal oder während zwei Wochen pro Jahr genutzt werden, sind die im Anschluss befindlichen Schutzeinrichtungen bei geöffneter Überfahrt in der Regel unter Verwendung der dementsprechenden Anfangs-/Endkonstruktion zu versehen. In der Praxis sind die neueren Systeme mit den anschliessenden Schutzeinrichtungen über ein dementsprechendes Anschluss- und Drehelement dauerhaft verbunden und verfügen im Bereich der Öffnungspunkte über montierbare Anprallelemente oder kurze Absenkungen.
Ungeachtet dessen ist darauf zu achten, dass die Übergänge zwischen schnell zu öffnenden Schutzeinrichtungen fachtechnisch so ausgeführt werden, dass die Systemfunktionen von den miteinander verbundenen Systemen im Hinblick auf die Anforderungen der Norm SN 640 567-2 gewährleistet sind.
Bei halb- und vollautomatisierten Systemen ist zu beachten, dass die Funktion zu jeder Jahreszeit und bei Spurrillen und Quergefälle der Fahrbahnen möglich ist. Ebenfalls sollte durch einen einfachen Notbetrieb das Öffnen und Schliessen des Systems gewährleistet sein, wie dies zum Beispiel bei Stromunterbrüchen oder technischen Problemen der Steuerungselemente erforderlich wird.
Darüber hinaus sollten nur noch solche Systeme angewendet werden, die hinsichtlich kosten- und zeitintensiver Tiefbauarbeiten, Wartung und Reparatur kostengünstig zu bewerten sind.
Systeme
Nachfolgend werden vier mögliche nach Norm SN 640 567-2 geprüfte schnell zu öffnende Schutzeinrichtungen kurz vorgestellt, welche auf Schweizer Hochleistungsstrassen bisher angewendet wurden.
Schnell demontierbares Leitschrankensystem mit Kastenprofil 150'180
Bei dem System mit schnell demontierbaren Kastenprofil 150'180 handelt es sich um eine demontierbare Schutzeinrichtung mit seitlich offenem Kastenprofil 150/180 und einem Pfostenabstand von 4,0 m, welche Steckpfosten in Hülse, schnell demontierbare Pfostenaufsätze mit Kastenprofil 150'180 und Stossstücke aufweist.
Alle Verbindungen sind nur mittels Bolzen und Vorsteckfedern ausgeführt, wodurch die Demontage und Montage mittels einfachem Werkzeug (Hammer, Hebeisen) von Hand erfolgen kann. Das System empfiehlt sich als kostengünstige Variante dort, wo Mittelstreifenüberfahrten für einen Zeitraum von mindestens einer Woche geöffnet werden sollen. es ist aber auch möglich, relativ schnell eine vier Meter breite Durchfahrt zu realisieren, was zum Beispiel im Falle von Rettungs- und/oder Bergungsaktionen erforderlich sein könnte.
Schnell zu öffnende Stahlschutzwand
Die schnell zu öffnende Stahlschutzwand eignet sich in Verbindung mit an den Anfängen/Enden oder in der Systemmitte vorhandenen Schnellverbindungen als eine einfache, praktisch wartungsfreie und kostengünstige schnell realisierbare Variante. Im Einsatzfall muss lediglich am Systemanfang eine Schnellverbindung (Steckpfosten) gezogen werden, worauf dann das System mittels gewöhnlichen Lastwagen mit Aufbaukran um die Endpunkte verschwenkt werden kann.
MÜF CH
Das System MÜF CH ist eine Stahlschutzwand, welche mit einem mittig angeordneten Schnellöffnungspunkt und Hub- und Verschiebeeinrichtungen versehen ist.
Das Öffnen und Schliessen des Systems ist von zwei Personen von Hand schnell und einfach durchführbar. Das System kann aber auch mit pneumatischen oder hydraulischen Modulen teilautomatisiert werden, womit ein noch höherer Bedienungskomfort erreicht wird.
MÜLS
Bei dem System mit der Bezeichnung MÜLS (Mittelstreifenüberleitungssystem) handelt es sich um eine vollautomatisierte schnell zu öffnende Schutzeinrichtung (Stahlschutzwand). Das System zeichnet sich wie die vorhergehend gezeigten Stahlschutzwände, durch nur geringfügig erforderliche Tiefbauarbeiten und durch sehr kurze Bauzeiten aus.
Das Öffnen und Schliessen des Systems kann vollautomatisiert vor Ort und/oder über die zuständige Verkehrsleitzentrale erfolgen. Somit eignet sich dieses System hervorragend für die Vorbereiche von Tunnels, wo häufige Verkehrsumlenkungen erforderlich sind und im Notfall die Durchfahrt für die Rettungsdienste in kürzester Zeit möglich sein muss.